Baufinanzierung und Widerrufsrecht

Niedrige Zinsen kommen den Käufern von Eigenheimen entgegen. Wer jetzt eine Baufinanzierung plant, stößt auf gute Konditionen. Doch was ist mit denen, die in den vergangenen Jahren viel Geld für Zinsen bezahlen mussten und noch immer in diesen Kreditverträgen stecken?
Interessengemeinschaft kann helfen

Wer zwischen 2002 und 2011 Verträge für eine Baufinanzierung abgeschlossen hat, kann sich mit der Bitte um Prüfung an die Interessengemeinschaft Widerruf wenden, die im Oktober 2014 gegründet wurde und seitdem sehr rege agiert. Hier sehen sich neutrale Juristen die Unterlagen an und geben Auskunft darüber, ob man das Widerrufsrecht in Anspruch nehmen sollte. Wird ein Widerruf von der Kredit gewährenden Bank akzeptiert, kann man aus dem Vertrag aussteigen und zu wesentlich günstigeren Bedingungen abschließen.
Argumentation der Banken

Im Zentrum der Argumentation steht die Frage, ob man bei einem Kredit das Widerspruchsrecht anwenden darf, wenn man ihn schon eine ganze Zeit lang laufen ließ. Die Banken stehen auf dem Standpunkt, dass dieses Verbraucherrecht zum Schutz des Kreditnehmers da ist und ihn davor bewahrt, sich überhastet zu entscheiden. Hat er den Vertrag jedoch bereits seit Jahren in der Tasche, soll er ihn nicht aushebeln dürfen, nur weil die Zinsbedingungen sich vergünstigt haben.
Argumentation der Verbraucher

Die Frage für den Verbraucher lautet: Ist die Widerrufsbelehrung korrekt erfolgt? Wenn das nicht der Fall ist, spielt der Grund für den Widerruf keine Rolle. Dann kann das auch der weitaus niedrigere Zinssatz sein. Die Interessengemeinschaft war fleißig dabei, diese Gegebenheiten zu prüfen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Kreditverträge für Baufinanzierungen zu weit über 60 % keine korrekte Widerrufsbelehrung enthielten. Dies gilt für die Jahre 2002 bis 2011.
Rechtliche Prüfung

Bei unkorrekter Belehrung ist grundsätzlich der Weg für einen Ausstieg aus der Finanzierung frei und eine Anschlussfinanzierung kann getätigt werden. Jetzt stellt sich jedoch die Frage, ob das mit oder ohne Gerichtsbeschluss durchgesetzt werden kann. Insbesondere muss im Einzelfall auch genau überprüft werden, ob die unkorrekte Vorgehensweise gravierend ist oder nur kleinere Fehler enthält. Dazu ist auf alle Fälle ein Fachanwalt nötig.
Reaktion der Banken

Die Banken reagieren auf das Kundenansinnen unterschiedlich. Sehr häufig werden außergerichtliche Möglichkeiten gefunden, weil sie sich mit den Anwälten der Kreditnehmer auf einen guten Kompromiss einigen. Beispielsweise war eine Bank bereit, einen 5,5-prozentigen Zinssatz auf 3,3 % zu verringern, ohne dass eine Laufzeitverlängerung gefordert wurde. Eine andere Bank gewährte eine Umschuldung von 5,4 % auf 2,4 % Zinsforderung unter Laufzeitverlängerung von 7 Jahren.
Gute Aussichten auf Erfolg

In der Regel lehnen die Banken solche Verhandlungen erst einmal ab, wenn der Kunde allein den Anspruch geltend macht. Es ist also in jedem Fall ratsam, einen Anwalt zu beauftragen. Dann allerdings stehen die Chancen für eine außergerichtliche und zufriedenstellende Einigung gut.