Der nächste Krisenkandidat: Portugal

Auch wenn an der griechischen Front momentan Ruhe herrscht, gilt das für den Euroraum noch lange nicht. Das derzeitige Sorgenkind Nummer eins ist Portugal. Im Vergleich zum Vorjahr hatte sich der Schuldenstand mit einer Verschuldung von 799 Millionen Euro fast verdreifacht. Der Grund: Die Steuereinnahmen waren wegen des Einbruchs der Weltwirtschaft dramatisch gesunken. Die portugiesische Regierung rechnet damit, dass die Wirtschaft nach einem Minus von 1,6 Prozent im vergangenen Jahr erneut schrumpft, dieses Jahr werden sogar 3,3 Prozent erwartet. Nach Griechenland und Irland gilt Portugal als nächster Kandidat für den Euro-Rettungsschirm.

Dass die portugiesische Wirtschaft im Zuge der weltweiten Turbulenzen ebenfalls schrumpft, ist fast zwingend. Der Staat am westlichen Ende Europas hat seine Wirtschaft nämlich in erster Linie auf Dienstleistungen ausgerichtet, die zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften. Allerdings steht das Land auch in einem scharfen Wettbewerb mit Niedriglohnländern aus Osteuropa. Nach wie vor gelten zahlreiche strukturelle Probleme als nicht gelöst. Die größten Hindernisse für ein stärkeres Wachstum sind eine ineffiziente Verwaltung und ein relativ schlechtes Bildungssystem, weshalb Portugal auch eine vergleichsweise hohe Rate an Analphabeten hat.

Das Problem für alle anderen Euro-Länder: Sie müssen den Wackelkandidaten beistehen, um das Projekt der gemeinsamen Währung nicht zu gefährden. Das eigene Interesse daran: Sie signalisieren den Finanzmärkten Stärke und können möglicherweise verhindern, dass große Investoren die europäische Währung attackieren. Milliardenschwere Investmentfonds haben schließlich prall gefüllte Kriegskassen, die es ihnen ermöglichen, auf den Fall einer Währung zu wetten. Vor einigen Jahren beispielsweise geriet Großbritannien mit seinem Pfund schwer in die Bredouille.

Für die betroffenen Staaten ist ein geordneter Bankrott, wie er für Griechenland im Gespräch ist, eigentlich nicht sonderlich tragisch. Sie können den Schuldenschnitt für einen unbelasteten Neuanfang nutzen. Der Nachteil: Bankrotteure gelten auf den Finanzmärkten als nicht sonderlich zuverlässig. Der Staatsbankrott ist übrigens keine Erfindung der Neuzeit. In den vergangenen Jahrhunderten konnten immer wieder einzelne Länder ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Als negativer Rekordhalter darf Spanien gelten: Im 16. Jahrhundert ging das Land gleich dreimal bankrott. Schon vor dem endgültigen Zusammenbruch des Römischen Reiches ging ein schleichender Bankrott voraus. Die chronische Finanznot versuchten die Herrscher damals zu lösen, indem sie ihren Münzen minderwertige Metalle beimengten.